Kaliumjodid-Tabletten beim Strahlenunfall
Kaliumjodid-Tabletten 65 mg sind ein hochwirksames Medikament, das nach Einnahme die Aufnahme von weiterem Jod in den menschlichen Körper für ein bis zwei Tage blockiert. So kann in ganz spezeiellen Situationen wie nach Kernreaktorunfall oder Atombomben-Abwurf die Aufnahme von radioaktivem Jod in den Organismus einmal kurzzeitig blockiert werden. Dafür muss unbedingt der richtige Zeitpunkt gewählt werden.
Diese speziellen 65 mg Tabletten dürfen nur dann eingenommen
werden, wenn von den Behörden in einer speziellen Situation
für exakt diese Personengruppe zur Einnahme aufgerufen
wird.
Eine Einnahme in anderen Situationen kann zu gefährlichen Nebenwirkungen
führen!
Wie wirkt die hochdosierte Jodgabe durch Kaliumjodid-Tabletten 65 mg?
Der grundlegende Wirkmechanismus ist der sogenannte "Wolff-Chaikoff Effekt": Extrem hohe Mengen an Jod führen dazu, dass die weitere Aufnahme von Jod in die Körperzellen für einige Tage blockiert wird. So schützt sich der Körper selbst vor der weiteren Aufnahme von Jod.
Dieser Effekt ist auch der Wirkmechanismus der Kalium-Jodid Prophylaxe: Wenn die ganz konkrete Gefahr besteht, dass in den nächsten Stunden radioaktives Jod in relevanten Mengen vom Körper aufgenommen werden könnte, kann einmal durch die kontrollierte Einnahme einer extrem hohen Menge an Jod die weitere Jodaufnahme in den Körper zeitlich befristet blockiert werden. So kann verhindert werden, dass durch einen Atomunfall freigesetztes Jod aufgenommen wird, welches die Entstehung von Schilddrüsenkrebs begünstigt.
Der Wolff Chaikoff Effekt hält nicht lange, dann beginnt der Körper wieder Jod aufzunehmen. Daher muss genau überlegt werden, ob und wann eine Kaliumjodidprophylaxe überhaupt sinnvoll ist. Dieser einmalige Effekt kann nicht beliebig oft reproduziert werden.
Wann ist eine Kalium-Jodid Prohylaxe sinnvoll?
Kaliumjodid darf hochdosiert nur dann eingenommen werden, wenn die österreichischen Behörden konkret zur Einnahme aufrufen. Eine Einnahme macht nur Sinn, wenn in den nächsten Stunden die konkrete Gefahr besteht, dass radioaktives Jod in hohen Mengen in der Umgebung vorkommen wird. Es müssen verschiedene Sicherheitsvorkehrungen bedacht werden.
Jod wird im menschlichen Körper vor allem in der Schilddrüse aufgenommen, und radioaktives Jod kann dazu führen, dass sich oft erst viele Jahre später ein Schilddrüsenkarzinom entwickelt. Daher sind gerade Kinder und Jugendliche jene Personengruppe, bei denen eine Schilddrüsenblockade wichtig ist.
Wann ist eine Kalium-Jodid Prophylaxe nicht sinnvoll oder sogar gefährlich?
Die Einnahme einer extrem hohen Menge an Jod kann in verschiedenen
Situationen mehr schaden als nützen.
Personen älter als 40 Jahre sollten kein hochdosiertes Jod einnehmen.
Die Wahrscheinlichkeit, dadurch eine Schilddrüsenerkrankung zu induzieren,
die zu einem relevanten Gesundheitsproblem führt, ist wesentlich höher
als der Nutzen.
Personen mit Morbus Basedow oder Schilddrüsenknoten sollten im Zweifellsfall
keine Kaliumjodidtabletten einnehmen.
Schwangere müssen mit sehr hohen Jodmengen vorsichtig sein: Der Fötus
kann in der Schwangerschaft nach einer Schilddrüsenblockade oft nicht
mehr selbstständig wieder mit dem Jodeinbau beginnen und es kann eine
gefährliche Unterfunktion beim Baby auftreten. Schwangere sollten Kaliumjodid
65 mg Tabletten nur dann einnehmen, wenn die Behörden aufgrund der speziellen
Situation auch die Kaliumjod-Einnahme auch für Schwangere empfehlen.
Laut österreicheischem Beipacktext wird in der Schwangerschaft auch
eine geringere Dosierung empfohlen.
Kaliumjodid hemmt nur die Aufnahme von weiterem (radioaktivem) Jod,
nicht aber die Aufnahme anderer radioaktiver Elemente wie Caesium, Uran,
oder Plutonium.
Was ist der Unterschied zwischen Kaliumjodid 65 mg Tabletten und Jod in Nahrungsergänzungsmitteln bzw. im Speisesalz?
Kaliumjodid-Tabletten 65 mg sind ein hochwirksames Medikament, das durch eine extrem hohe Menge an Jod die weitere Jodaufnahme im Körper einmal für einige Tage blockiert. Diese Tabletten enthalten ungefähr 600 mal soviel Jod wie eine durchschnittliche Tablette eines Nahrungsergänzungsmittels und ungefähr soviel Jod, wie 4 kg Speisesalz zugefügt wird.
Hashimoto-Thyreoiditis und Kaliumjodidprophylaxe
Eine Hashimoto-Thyreoiditis ist keine Gegenanzeige für eine kurzzeitige Kaliumjodid-Einnahme. Auch bei Hashimoto-Thyreoiditis kann nach Aufforderung der Behörden in den entsprechenden Situationen Kaliumjodid zur Schilddrüsenblockade eingenommen werden.
Weitere Infos:
Link
Sozialministerium
Link
Österreichische Schilddrüsengesellschaft